Willkommen bei DKD – Was passiert hier gerade?
„Einblicke aus dem Alltag im Fahrradgeschäft“
Diese Seite ist mehr als nur ein Ort für ein paar Anekdoten. Sie ist ein Blick hinter die Kulissen meines Fahrradverleihs, Werkstattservices, Verkaufs und Notdienstes – und ein Sprachrohr für all jene, die täglich im direkten Kundenkontakt stehen.
Was dich hier erwartet? Geschichten. Echte, ehrliche, manchmal absurde und auch sehr berührende Erlebnisse aus dem Alltag eines Fahrradbetriebs. Es geht um nette Menschen, kuriose Begegnungen, verbale Entgleisungen, Menschen in deren Nähe man nicht sein möchte und stille Heldenmomente im Kundenservice.
Die meisten meiner Kundinnen und Kunden sind freundlich, dankbar und haben ein ehrliches Interesse – das möchten ich deutlich betonen. Doch es gibt auch jene Situationen, bei denen man sich fragt: Was passiert hier gerade? Genau diese Momente findest du hier.
Viele dieser Erlebnisse werden später Teil meines Buchs – hier bekommst du sie zuerst.
Viel Freude beim Lesen – vielleicht erkennst du dich wieder. Und wenn du zu den Menschen gehörst, die gerne etwas teilen, ich halte dich nicht auf, es mit dieser Seite zu tun 😄
Über mich und mein Laden
Manchmal steh ich in meinem kleinen Laden – 36 Quadratmeter, die nach mehr riechen: nach Kette, Gummi, Schweiß, Kaffee und manchmal auch nach Verzweiflung – und frag mich: Wie bin ich hier eigentlich gelandet?
Mein Laden steht in Grünendeich, direkt an einem Seitenarm der Elbe, der Lühe. Wenn gerade niemand da ist – keine Kundschaft, kein Telefon, kein Schraubenschlüssel in der Hand – dann hab ich die friedlichste Zeit meines Tages. Ich steh in der offenen Eingangstür, schau direkt auf die Lühe und auf die Apfelplantagen. Die reine Natur liegt mir zu Füßen. Ich hör dem Wind zu, den Vögeln, dem Wasser. Neben mir liegt meine Sally, mein treuer Hund, der alles mitmacht und alles mitträgt. Und ich denke: Genau hier, genau so – schöner kann ein Arbeitsplatz nicht sein.
Ich verkauf Räder, verleihe sie, schraube daran rum, und vor allem: Ich hör zu. Ich hör Geschichten, Wünsche, Beschwerden, Lobeshymnen und manchmal auch blankes Unverständnis. Und irgendwann dachte ich: Diese Geschichten müssen raus. Nicht, weil ich meckern will – na gut, manchmal schon – sondern weil sie was über uns erzählen. Über Menschen, Erwartungen, Eigenarten. Und manchmal auch über das Glück, wenn’s einfach passt.
Dieser Vorläufer zum Buch ist mein kleines Denkmal an den täglichen Wahnsinn im Fahrradladen – zum Lachen, zum Kopfschütteln, zum Mitfühlen. Und vielleicht erkennt sich ja der ein oder andere darin wieder.
Schon als Kind war mir klar: Ein Fahrrad – das muss ich mir selbst verdienen. Also ging ich zum Gärtner, zupfte Unkraut in den Sommerferien und verdiente mir ein paar Mark, um mir endlich mein eigenes Rad zu kaufen. Ich muss Ihnen nicht erzählen, dass dieses Fahrrad schnell darunter litt, dass ich drei erheblich ältere Brüder hatte. Gut, fairerweise: Auch ich war kein sanfter Besitzer – ich war eben ein Lausbub mit einer großen Portion Bewegungsdrang und wenig Rücksicht auf Material. Und siehe da, es war kaputt.
„Geh dir ein paar Mark beim Gärtner verdienen oder sammel Schrotträder vom Sperrmüll!“, hieß es. Und was habe ich getan? Genau das. Kaum hatte ich ein paar Teile zusammen – und nach, aufgeschlagenen Knien, schnitte an den Händen und vieln Pflaster – war mein Rad wieder fahrtauglich. Na ja, zumindest für mich. Ich konnte es schieben – das war ja schon mal ein Anfang.
Und dann war da mein Nachbar. Ein Schlosser. Einer dieser stillen Helden meiner Kindheit. Mit seinem Wissen, seiner Ruhe und ein paar geschickten Handgriffen machte er mein Rad tatsächlich fahrbereit. Er hat mir nicht nur bei diesem einen Rad geholfen – er hat mir gezeigt, was es heißt, Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Danke.
Es raste – das Leben lief, und ich war mittendrin.
Ich wurde Klempner und genoss als junger Mann die Ausbildung zum Industriemechaniker. Nebenbei studierte ich Informatik an einer Fernschule – das war ganz schön hart.
Im späteren Berufsleben fühlte ich mich oft wie eine Wasserblase in kochendem Wasser: ständig in Bewegung, nie wirklich dort, wo ich sein wollte, und doch blieb ich – obwohl ich tief in mir wusste, dass das alles nicht für immer ist.
Eines aber blieb mir stets treu: das Fahrrad. Mal mehr, mal weniger begleitete es mich durchs Leben.
Mit Mitte, Ende zwanzig betrieb ich schließlich nebenbei einen kleinen Fahrradshop im Internet. Reich wurde ich damit nicht – aber das war auch nie mein Ziel. Es hat mir einfach durch und durch Spaß gemacht.
Hiermit möchte ich Sie nicht langweilen –
dieser Abschnitt meines Lebens war turbulent, chaotisch und hatte mit Fahrrädern nur am Rande zu tun. Genauer gesagt: mit dem gelegentlichen Verkauf von Fahrradteilen aus dem Internetshop heraus – ein bisschen Schraube hier, ein
bisschen Kette da. Nichts, was man sich rahmen und übers Bett hängen würde. Aber hey, auch Umwege gehören manchmal zum Weg dazu.
Spaß – das muss es doch sein.
Es muss doch einen Job geben, der mir wirklich Freude macht. Und wenn dann auch noch die Vorarbeitenden, die Mitarbeitenden und jemand in der Chefposition gut zu mir passen – dann muss es doch endlich richtig sein.
Aber: Leider nein.
Auch in meiner letzten Anstellung wurde ich enttäuscht. Die Firma ging letztlich in die Insolvenz – und wurde sogar von Amts wegen geschlossen. Ich hatte erkannt, dass es Chefs gibt, die Mitarbeitende gezielt in Positionen bringen, um ihnen im Ernstfall schnell die Verantwortung zuzuschieben und eigene Interessen durchzusetzen. Doch ich war nie jemand, der seine Position ausnutzte oder blind etwas genehmigte – schon gar nicht am Freitagnachmittag, nur damit ein Bauabschnitt weiterläuft. „Du kannst ja später prüfen“, sagte man mir. Aber bei so etwas mache ich einfach nicht mit.
Und so stand ich da – ohne Job.
Meine Lebensgefährtin und ich zogen um, und plötzlich fand ich mich wieder im System von Arbeitsamt und Jobcenter. Doch anstatt zu hadern, nutzte ich die Förderung und ergriff die Chance: Ich eröffne einen Fahrradladen.
Okay, kurz zurückgespult:
Die Idee entstand an unserem neuen Wohnort, direkt am Elbe-Radwanderweg. Ich stand mit meinem Schwager in spe auf der Auffahrt. Er sagte sinngemäß: „Hier würde doch bestimmt ein Fahrradverleih laufen, oder?“ – Und heute bin ich
ihm unendlich dankbar dafür.
Zwei Wochen später hatte ich meine ersten vier Citybikes und zwei E-Bikes am Start. Ich kaufte im Umkreis so viele gebrauchte Räder wie möglich, um die Nachfrage zu bedienen – und es begann, richtig Spaß zu machen. So viel Spaß wie noch nie zuvor in meinem Berufsleben.
Ich bin angekommen.
Dank der Mitarbeitenden beim Jobcenter, meinem Schwager, meiner Lebensgefährtin – und ihrer Familie, die alle hinter mir standen. Danke.
Nun bin ich wirklich angekommen.
Ich ergriff die Chance und übernahm einen kleinen, 36 Quadratmeter großen, ehemaligen Fahrradverleih. Klingt romantisch – war es aber nicht. Der Kaufprozess mit dem Vorbesitzer war alles andere als spaßig. Eher wie eine Tour de
France bei Gegenwind, Dauerregen und mit einem Achter im Vorderrad.
Aber ich habe es geschafft.
Unglaubliche Mengen an Müll mussten rausgeschafft werden – ich habe Dinge gefunden, die vermutlich schon vor dem Mauerfall da gelagert wurden. Dann kam frische Farbe an die Wände, und nach und nach verwandelte ich diesen kleinen
Ort in Grünendeich in etwas Besonderes.
Jetzt steht er da: mein Fahrradladen.
Ich verkaufe Fahrräder und Zubehör, repariere Drahtesel aller Marken, biete Leasingangebote an – und natürlich gibt es da noch meinen Fahrradverleih. Damit ermögliche ich Menschen, das Alte Land auf eine der schönsten Arten zu entdecken: radelnd, mit dem Wind in den Haaren und einem Lächeln im Gesicht.
Diese Begegnungen bleiben in Erinnerung
2019 – Kunden aus Haltern am See, es wurde Frühling, und ein älteres Paar kam mit dem E-Bike meine Auffahrt entlang. Der Mann sprach mich an und fragte, ob ich mir mal den Akku seines Raleigh E-Bikes anschauen könnte. Gesagt, getan. Kaum hatte ich einen Blick darauf geworfen, war der Fehler plötzlich verschwunden – und die Kunden auch. Sie waren sicherlich erfreut über die spontane Hilfe.
Zwei Jahre später standen sie plötzlich wieder vor mir und fragten: „Können Sie sich an uns erinnern?“ Es fiel mir zunächst schwer, doch dann dämmerte es mir – die Situation war mir vertraut. Sie erzählten, dass sie regelmäßig im Alten Land seien und eigentlich aus Haltern am See kommen. Dabei berichteten sie, wie viele andere Fahrradläden diesen einen Fehler nicht beheben konnten – aber jemand wie ich, damals noch auf einer einfachen Auffahrt, auf der ich gerade mein Geschäft gestartet hatte, mit einem Handgriff und etwas Sachverstand Eindruck hinterließ.
Seitdem kamen sie immer wieder vorbei, brachten kleine Aufmerksamkeiten aus Haltern am See mit, und es entwickelte sich eine herzliche Bekanntschaft. Man kannte sich, freute sich auf das nächste Mal – und genau solche Begegnungen bleiben im Gedächtnis.
2020 – Dankbarkeit in kleinen Gesten
Im Jahr 2020 kamen mehrere Frauengruppen zu mir, um Fahrräder auszuleihen und unsere schöne maritime Landschaft an der Elbe zu erkunden. Zwei Gruppen gläubiger Frauen sind mir dabei besonders in Erinnerung geblieben.
Die eine Gruppe schenkte mir eine kleine Ausgabe der Bibel – mit einem Vers, der ganz persönlich für mich ausgewählt und hineingeschrieben war. Die andere überreichte mir zwei Mini-Tafeln Schokolade, liebevoll verpackt, bunt bemalt und mit kleinen handgeschriebenen Zettelchen versehen. Das war ihre Art, „Danke“ zu sagen – für die schöne Zeit und vor allem für meine ungeteilte Aufmerksamkeit, die ich ihnen gerne schenkte.
Wir haben viel zusammen gelacht, uns ausgetauscht und ein Stück gemeinsame Zeit erlebt. Solche Begegnungen vergisst man nicht so schnell.
2021 – Ein kleiner Held sagt Danke
Ich war gerade dabei, ein kleines Kinderrad zu reparieren. Die Kette war abgefallen, eine neue musste her, und die 3-Gang-Nabenschaltung von Shimano funktionierte auch nicht mehr – der Bowdenzug hatte sich gelöst. Ich reparierte das Fahrrad direkt vor der Tür meines kleinen, 36 Quadratmeter großen Ladens.
„Es ist der erste Tag in unserem Urlaub“, sagte die Mutter, während ihr kleiner Sohn Rotz und Wasser heulte. Ich war damals noch völlig unbekannt in der Gegend – sie hatte mich nur durch Zufall gefunden, weil sie von einem Fahrradladen zum nächsten geschickt wurde. Niemand wollte das Rad reparieren, weil es nicht bei ihnen gekauft worden war.
Bei mir ist das anders: Hier ist jedes Rad willkommen – ob groß oder klein, alt oder neu, Bio-Bike oder E-Bike, Rennrad oder Drahtesel.
Und dann kam dieser besondere Moment. Ich war gerade fertig, kniete noch neben dem Hinterrad, als mich der kleine Junge plötzlich umarmte und sich bedankte. Einfach so, aus vollem Herzen.
In diesem Moment wurde ich selbst zurückversetzt – zu dem Tag, an dem mein Kindheitsheld, der Schlosser aus der Nachbarschaft, mein Rad reparierte. Ich danke dir, kleiner Mann, für diesen Augenblick.
2022 – Die junge Frau mit der guten Idee
Als wäre es gestern gewesen.
Ein Werkstattauftrag lag auf meinem Tresen – online gebucht, ganz bequem über unsere Webseite. Kurz darauf stand sie auch schon da: eine junge Frau, vielleicht 17 Jahre alt, mit ihrem Fischer E-Bike. Ruhig und freundlich erklärte
sie mir noch einmal persönlich, was mit dem Rad nicht stimmt, dann verabschiedete sie sich.
Als das Rad an der Reihe war, untersuchte ich es gründlich. Schnell fand ich die Ursache: ein Kabelbruch am Tretkurbelsensor, direkt am Gehäuse. Nicht mehr zu retten. Ich erklärte ihr, dass das neue Tretlagersystem mit Sensor rund 69 Euro kosten würde, der Einbau etwa 39,95 Euro und die Fehlersuche 18 Euro. Ich bat um ein kurzes „Okay“ zur Freigabe.
Die Antwort kam postwendend – inklusive Smiley und der Frage: „Wie lange dauert es?“
Meine Antwort darauf lautet immer: „Das kann ich nicht genau sagen. Es hängt davon ab, ob der Hersteller oder der Großhändler das Teil auf Lager hat.“
Doch wir hatten Glück: Vier Tage später war alles da, zwei Tage darauf war das Rad fertig, die Tretkurbel mit Sensor eingebaut und geprüft. Wie üblich informierte ich sie per WhatsApp, SMS oder E-Mail, dass das Fahrrad abholbereit sei – denn: Wir melden uns nach Möglichkeit nur, wenn es fertig ist. Nicht früher. Keine unnötigen Rückfragen, keine halben Versprechen. Sie holte es auch schnell ab und war sichtlich begeistert.
Zwei Wochen später tauchte sie wieder auf – dieses Mal mit ihrem Vater.
Ich war kurz nervös: Gab es ein Problem? Habe ich einen Fehler gemacht?
Aber weit gefehlt.
Sie zeigten mir drei Kostenvoranschläge anderer Fahrradläden – allesamt zwischen 490 und 1.250 Euro. Alle drei wollten ihr anscheinend nur ein neues Rad verkaufen, natürlich von der hauseigenen Marke. Aber wer bin ich, dies so beurteilen
zu können.?!
Was ich gemacht hatte, war dagegen ehrlich, günstig – und zielführend.
Zurück bekam ich etwas viel Wertvolleres als Geld (Anerkennung, das fühlt sich sehr gut an.):
Einen kleinen, selbst gebackenen Marmorkuchen von ihr. Und ein ordentliches Trinkgeld vom Vater.
Und: eine richtig gute Idee.
Sie fragte mich, warum ich eigentlich keine Übersicht der Werkstattpreise auf der Webseite hätte, wie die, die ich im Laden in Papierform hatte.
Zack – umgesetzt.
Seitdem gibt es auf unserer Fahrradwerkstatt- Seite eine transparente Preisliste, damit jeder eine grobe Vorstellung hat, was eine Reparatur kosten wird.
Vielen Dank für diese großartige Anregung – und für den Kuchen natürlich auch!
Immer mal wieder – Die kleinen Dinge
Es sind die kleinen Dinge, die sich rund um mein Geschäft abspielen – ganz unauffällig, aber doch so bedeutend. Menschen, die ich mit Kleinigkeiten glücklich machen konnte. Immer wieder.
Mal ist es ein Schutzblech, das nicht richtig sitzt und Geräusche macht. Eine kleine Schraube fehlt, sodass es klappert. Der Sattel will einfach nicht in der richtigen Neigung bleiben, eine Speiche ist verloren gegangen, der Reifen hat zu wenig Druck, oder die Pedale sind locker. Es sind keine großen Reparaturen – aber sie kommen oft. Jedes Jahr dutzende solcher Momente.
Und oft bleibt mir als Dank nur das Lächeln der Menschen. Denn für diese kleinen Hilfen verlange ich kein Geld – kein Trinkgeld. Ich bitte lediglich darum, vielleicht ein nettes Wort auf Google zu hinterlassen.
Viele versprechen es, doch vergessen mich. Andere nehmen sich die Zeit und schreiben herzlich. Aber egal wie – mir bleibt die Freude. Und das Lächeln, das ich in die Gesichter zaubern konnte. Das ist es, was zählt.
Die beeindruckende Dame vom Deich
Eine nette Dame, Anfang, vielleicht Mitte 80, hat mich nachhaltig beeindruckt. Klein, freundlich – und immer mit dem Fahrrad unterwegs, bei Wind und Wetter. Sie wollte sich etwas gönnen: ein E-Bike. Und sie entschied sich bewusst für mich und meinen kleinen Betrieb in Hollern-Twielenfleth / Grünendeich.
Sie suchte sich ein Modell aus und fragte fast schon verlegen, ob eine Ratenzahlung möglich sei. Natürlich war sie das. Denn diese ältere Dame zeigte mir, dass man auch im hohen Alter noch voller Lebensfreude stecken kann. Dass man sich Wünsche erfüllen darf – und dabei stets höflich, zugewandt und freundlich bleibt.
Bis heute begegnen wir uns gelegentlich am Deich, beide auf dem Rad. Manchmal halten wir kurz an, plaudern ein wenig. Und jedes Mal aufs Neue bin ich beeindruckt von ihrer Energie, ihrer Haltung – und ihrer Herzlichkeit.
2024 – Zwei Leasingräder, bitte
Bei mir läuft der Kauf oder das Leasing von Fahrrädern ein wenig anders ab als in den klassischen Fahrradgeschäften. Ich habe keine sogenannte Stangen- oder Vororderware, die im Ladenlokal als „Rumstehomaten“ verstauben und dabei kaum an Luxus oder Charme gewinnen. Stattdessen biete ich etwas, das man heute fast schon vermisst: echte Entscheidungsfreiheit und Fahrgefühl.
Kundinnen und Kunden können bei mir über mehrere Tage hinweg verschiedenste Modelle aus meinem Leihfahrradbestand ausprobieren – ganz in Ruhe, ohne Verkaufsdruck, ohne dass jemand neben ihnen steht und ständig suggeriert: „Kaufen Sie doch endlich dieses Rad – immerhin habe ich es gerade empfohlen!“
So kam es auch bei einer besonders schönen Begegnung: Die Mutter eines unglaublich netten Feuerwehrkameraden entschied sich, zwei TENWAYS Pedelecs bei mir zu leasen. Anfangs war sie noch ein wenig skeptisch gegenüber meiner Empfehlung. Doch das Vertrauen kam schnell, und nachdem ich die Räder bestellt, aufgebaut und durch die Erstinspektion gebracht hatte, ging es für die beiden auch schon auf Reisen.
Was dann kam, werde ich wohl nie vergessen: eine WhatsApp-Sprachnachricht und eine Bewertung, die mich wirklich berührten. Ich habe mitgetippt, was sie mir sagte:
„Hallo Severin, ja, das war tiefstes Empfinden. Also, wir sind so glücklich mit diesen Fahrrädern. Und besonders ich – und ich war vorher so kritisch. Weil ich eigentlich – wenn meine Chefin mir das nicht spendiert hätte – dann hätte ich mir nie ein E-Bike gekauft. Und ich habe wirklich lange überlegt, und ich hab mir so viel angeguckt. Und ich war dann so unsicher. Und als wir dann das erste Mal geredet haben, da war das schon so, dass ich dachte: oh ja, ich glaub, das ist ein guter Weg für mich – so dieses Tenways. Und auch wenn ich es vorher gar nicht angucken konnte… und du warst auch so überzeugt… und dass es jetzt genau so war – das finde ich total toll. Das kann man ja kaum in Worte fassen.“
Alles in allem: Ich glaube, sie war wirklich erfreut. Und ich war es auch. Solche Momente – die sind unbezahlbar..
Was passiert hier gerade – Bewertungen und co.
Was passiert hier gerade?
Diese Frage stelle ich mir häufiger, als mir lieb ist.
Es hier niederzuschreiben hilft mir ein wenig, all das zu verarbeiten, was auf meinem Hof passiert – und was es mit mir macht. Oder eben nicht.
Ich bin stark. Ein Teil dieser Stärke stammt aus den Momenten, die ich im Kapitel „Diese Begegnungen bleiben in Erinnerung“ beschrieben habe. Diese Erinnerungen geben mir Kraft, lassen mich weitermachen – mit Hoffnung und
mit Vorfreude auf viele weitere schöne Augenblicke.
Doch hier geht es leider nicht mit den schönen Momenten weiter.
Hier wird es ehrlich. Offen. Schonungslos.
Denn was ich hier beschreibe, sind die Dinge, die ich – beinahe wöchentlich – ertragen muss.
Kurze Einleitung – Dann geht es ans Eingemachte. Ich bin mir sicher: Nahezu jede*r, der im Servicebereich arbeitet, wird sich in mindestens einer der hier beschriebenen Situationen wiedererkennen.
Für Außenstehende klingt vieles davon vielleicht unfassbar – und oft ist es das auch für mich selbst. Aber ja: Ich beschreibe hier reale Erlebnisse. Begegnungen mit Menschen, die Bewertungen abgeben und dabei komplett an der Realität
vorbeileben.
Was stimmt mit solchen Menschen nicht?
Diese Frage stelle ich mir bei jeder einzelnen dieser Begegnungen.
Kann man ihnen noch helfen – und wenn ja, wie?
Wie wird man überhaupt zu so jemandem? Oder handelt es sich nur um einzelne Momente völliger Entgleisung?
Immerhin geht es hier doch nur um Fahrräder – ums Ausleihen, ums Kaufen, ums Verschönern mit Zubehör. Was genau erwarten diese Menschen eigentlich, wenn sie mit einer derart geladenen Haltung auf unseren Hof kommen? Mit Ansprüchen, die oft jegliches Maß an Respekt und Realität verlieren? Was genau glauben sie, was wir ihnen zurückgeben sollen?
Wir sind keine Fußabtreter.
Keine Ladestationen für Frust.
Und auch keine Sammelstelle für völlig entgleiste Ungeduld.
Dabei ist es eigentlich ganz einfach:
Wer höflich ist, wird königlich behandelt.
Wer sich jedoch benimmt, als gehöre ihm die Welt – bitte: Gehen Sie.
Machen Sie einen weiten Bogen um mein Geschäft.
Denn wir werden Sie hier nicht bedienen.
Und an alle anderen: Lesen Sie weiter.
Staunen Sie mit mir.
Denn was hier passiert, glaubt man erst, wenn man’s erlebt hat. Was ich im übrigen niemandem wünsche!
Nummer 13 – das Fahrrad mit Eigenleben
2018 – ein Jahr wie jedes andere, dachte ich. Bis eines Tages die Nummer 13 einfach vom Hof verschwand. Nein, nicht irgendeine Nummer 13. Es war mein Cytibike von Victoria. Hübsch, robust, zuverlässig. November war’s, das Wetter trüb, mein Gemüt nach der Entdeckung ebenfalls. Jemand hatte es sich einfach genommen. Geklaut. Vom Hof. Dreist. Als würde ich da Fahrräder zum Mitnehmen parken.
Ich war sauer, kurz traurig – und dann… na ja, ehrlich gesagt, schnell wieder im Tagesgeschäft versunken. Leihgeschäft eben. Ich dachte: „Das Rad seh ich nie wieder.“ Doch die Nummer 13 hatte wohl andere Pläne.
Fast ein halbes Jahr später. Es ist Mai 2019. Ich bin in Stade unterwegs, fahre Richtung Melau – und da sehe ich ihn: einen Mann, gemütlich radelnd auf einem Victoria Cytibike, direkt am Deich der Schwinge. Und was sehe ich da? Mein Aufkleber. Meine Nummer. Meine 13. Ich schaue, blinzele, bin verdutzt, schüttle den Kopf – aber nein, ich halluziniere nicht. Das ist mein Fahrrad!
Der Mann radelt seelenruhig weiter. Ich folge ihm, diskret wie ein Tatort-Kommissar. Nach etwa zwei Kilometern biegt er auf einen Hof, stellt das Rad in einen Schuppen. Ich hinterher. Die Tür ist noch nicht ganz zu, da spreche ich ihn an.
„Woher haben Sie das Fahrrad?“ frage ich, nicht unfreundlich, aber bestimmt.
Er antwortet sofort: „Flohmarkt! Gekauft! Im Januar!“
„Im Januar? Auf welchem Flohmarkt gibt’s denn im Januar Fahrräder im Topzustand für’n Appel und’n Ei?“, frage ich.
Keine Antwort. Ich zücke mein Handy, kündige freundlich aber unmissverständlich an, dass ich jetzt die Polizei rufe. Plötzlich – totale Sprachverwirrung. Der Mann, eben noch erstaunlich wortgewandt, kann kein einziges Wort mehr Deutsch. Stattdessen stammelt er irgendwas von „ich nix mehr fahren, Fahrrad kaputt, bitte nicht Polizei!“
Es stellte sich heraus: Das Ganze spielte sich in einer Unterkunft für Geflüchtete und Menschen ohne festen Wohnsitz ab. Und ja – Menschlichkeit ist wichtig. Wer nichts hat, soll Hilfe bekommen. Ehrlich. Hätte der Mann gefragt – ich wette, ich hätte irgendwo in meinem Fundus ein Rad gehabt, das ich ihm sogar geschenkt hätte. Aber so?
Am Ende bekam ich die Nummer 13 zurück. Nicht durch Zauberei, sondern durch sanften Nachdruck. Und während ich mit meinem Fahrrad davonschob, dachte ich: Vielleicht ist es kein Zufall, dass es ausgerechnet die 13 war. Vielleicht hat dieses Rad einfach ein Talent für Abenteuer. Vielleicht sollte ich ihm einen GPS-Tracker spendieren. Oder einen Talisman.
Oder ich schreibe einfach ein Buch über solche Geschichten…
2019 – Der große Schreck: Verleihstart mit Hindernissen
Es war Ende März 2019. Ich dachte: Jetzt geht’s los!
Meine ersten vier Fahrräder für den Verleih – vier schwarze BBF Citybikes mit 3-Gang-Nabe – frisch angeschafft, voller Hoffnung, dass mein kleines Verleihgeschäft Fahrt aufnimmt. Zwei Pärchen mieteten die Räder für 14 Tage, damals noch in Hollern-Twielenfleth.
Anfangs war ich begeistert: mein erster Verleihauftrag über 14 Tage!
Doch dann… kam dieses komische Gefühl. Keine Reaktion auf meine Nachrichten nach dem Ende der Leihzeit. Anrufe wurden ignoriert. Funkstille.
Ich fragte mich:
Ist etwas passiert? Oder wurde ich einfach dreist beklaut?
Vier Fahrräder – weg. Und keine Spur.
Wochenlang kein Lebenszeichen. Ich kam keinen Schritt weiter.
Dann, Ende August, ein Anruf. Ein Ferienhausbesitzer aus der Region meldete sich:
„Wollen Sie Ihre Fahrräder nicht langsam mal abholen? Die stehen hier schon ewig rum.“
Ich konnte es kaum glauben! Ich fuhr sofort hin – und da standen sie: alle vier Räder. Unversehrt. Ich war erleichtert.
Wahnsinn – Ich bin verwundert.
Wie kann man sich einfach so nicht mehr melden?
Keine Absage. Kein „Sorry“. Kein „Danke“. Einfach: nichts.
Ich war nicht bestohlen worden – aber das Gefühl, wie Luft behandelt zu werden, bleibt.
Ein Start in das Jahr 2019, den ich nie vergessen werde.
2020 – „Maskenball in der Kaschemme“
Es war Ende 2020. Draußen herrschte Corona, drinnen der Wahnsinn. Der Lockdown hatte uns alle fest im Griff – Maskenpflicht, Kontaktbeschränkungen, Click & Collect statt Bummeln und Stöbern. Die Welt stand still. Nur der gesunde Menschenverstand – der schien sich schon im ersten Lockdown verabschiedet zu haben.
Mein kleiner Laden, der tapfer durchhielt, war eigentlich geschlossen, aber für Abholer offen. Also stand ich dort mit Maske, Desinfektionsmittel, Plexiglasscheibe und einem Lächeln unter Stoff – bereit für Kunden mit Termin.
Doch plötzlich – da standen Sie – mitten im Geschäft!
Ich schaue auf. Zwei Menschen stehen im Laden. Ohne Maske. Ohne Termin. Aber mit der Selbstverständlichkeit, als wären wir in der Welt von 2019. Ich: „Hallo? Entschuldigung, hier herrscht Maskenpflicht!“
Die Antwort kam mit hochgezogenen Augenbrauen und einem Blick, der mich wahrscheinlich auf die Größe eines Einweg-Handschuhs schrumpfen lassen sollte:
„Hier? In diesem kleinen Laden?“
Und dann – ungelogen – setzte einer nach:
„In dieser… Kaschemme?“
Kaschemme?! Ich hatte den Laden liebevoll renoviert, ausgemistet, gestrichen, geschrubbt – und jetzt nennt da jemand, meinen Laden Kaschemme? Ich überlegte kurz, ob ich ein Handdesinfektionsmittel über seine Ignoranz kippen sollte, entschied mich dann aber für Humor.
Ich: „Ja genau – herzlich willkommen in meiner exklusiven Boutique-Kaschemme. Wir führen heute nur Atemschutz in limitierter Auflage. Die neue Herbst-Winter-Kollektion: FFP2 in Weiß, Grau oder modischem Krankenhausgrün!“
Kurze Stille. Dann zogen sie tatsächlich… nein, keine Masken, sondern beleidigte Gesichter.
„Na ja“, murmelte einer noch, „dann eben nicht…“
Und ich dachte nur: Click & Collect – ja. Click & Kaschemme – nein, danke!
2021 – Die Luftnummer mit Herrn Luftimkopf
Es war Ende Februar, ein frostiger Tag, an dem man eher an Glühwein als an Fahrradfahren denkt, da betrat ein Mann meinen Laden. Sein Vorderreifen sei platt, sagte er. Und dann ging’s los: ein Fragenhagel sondergleichen. „Was denken Sie, wie das passieren konnte? Liegt das am Reifen? Am Schlauch? Am Antrieb? Oder vielleicht an meinem Gewicht?“
Ich dachte kurz, ich sei in einer Quizshow gelandet. Meine Antwort fiel entsprechend nüchtern aus:
„Das kann ich Ihnen sagen, wenn ich den Mantel abziehe und mir das Ganze anschaue.“
Gesagt, getan. Die Ursache war schnell gefunden – ein stinknormaler Dorn. Ich wechselte den Schlauch, er bezahlte und fuhr weiter. Ende der Geschichte? Denkste.
Monate später – im Juni – flatterte ein Brief in meinen Laden. Absender: Herr Luftimkopf, namentlich leicht verändert zum Schutz der Wirklichkeit. Inhalt: eine Rechnung eines anderen Fahrradladens – und die glorreiche Forderung, dass ich diese nun bitte zu bezahlen hätte.
Begründung? Zitat:
„Sehr geehrtes Team Cycling-Stop, Sie hatten im Februar das Vorderrad von Herrn Luftimkopf instand gesetzt. Nun kam es vor ein paar Wochen zu einem Hinterradschaden inklusive Motorschaden am Mittelmotor. Wir bitten Sie daher, unsere Rechnung zu begleichen.“
Ich las das zweimal. Dann ein drittes Mal.
Ich war sicher, das sei Satire. Oder eine verspätete Bewerbung bei Verstehen Sie Spaß?
Also ignorierte ich das Schreiben. Ein Witz, dachte ich. Aber dann kam die erste Mahnung.
Da wurde mir klar: Die meinen das wirklich ernst.
Zum Glück habe ich eine Rechtschutzversicherung, die auch gegen Realitätsverlust schützt. Ich übergab den Fall meinem Anwalt und konnte mir zumindest sicher sein, dass ich nicht alleine in diesem absurden Theaterstück mitspiele.
Die Moral von der Geschicht?
Wenn der Vorderreifen platt ist, kann das zu einem Schaden am Hinterrad und Motorausfall führen – Monate später. Zumindest, wenn man Herrn Luftimkopf heißt.
Jetzt wird’s schmutzig – aber nicht auf dem Fahrrad.
Was hier beginnt, ist der Teil, in dem aus wilden Bewertungen unterhaltsame, aber wahre Geschichten werden. An alle, die uns schlecht bewertet haben – ohne je Kunde gewesen zu sein: Es
geht um euch. Um Menschen, die keine Fahrräder gebucht, keine Fragen gestellt und nicht mal das Öffnungszeiten-Schild gelesen haben. Manche scheitern schon am einfachsten Buchungssystem oder einem Dreizeiler den sie selbst bestätigt
haben, anscheint aber nie verstanden haben – aber eine Bewertung schreiben? Kein Problem! Und plötzlich wissen alle ganz genau, wie schlecht unser Service ist – ohne ihn je erlebt zu haben. Ich nehme euch mit hinter die Kulissen,
dahin, wo der Wahnsinn wohnt. Es wird absurd, ehrlich, manchmal fassungslos – und ja, ihr dürft dabei lachen. Ich tue es auch. Sonst müsste ich LAUT weinen.
„Keine Lust zu verleihen“ – oder: Wenn gebuchte Fahrräder plötzlich freie Räder sind
Auszug aus der Bewertung:
„Nach unserem Eindruck hatte der Angestellte keine Lust, uns für einen Tag zwei Fahrräder zu verleihen.“
– Wolfgang Martin Riemann, 5 Rezensionen, 0 Fotos, 100 % Bauchgefühl
Manche Menschen schauen auf ein abgeschlossenes Fahrrad und denken:
„Das ist meins. Ich sehe es. Also steht es mir zu.“
So ungefähr lief es offenbar bei Wolfgang.
Er kam, wir waren da. Freundlich. Ansprechbar. Offen.
Und – jetzt kommt der wichtige Teil – es standen Fahrräder da.
Nur eben: reservierte Fahrräder.
Fahrräder, die online gebucht wurden, mit Uhrzeit, Name, System, allem Drum und Dran.
Und was erklären wir in solchen Fällen?
Genau:
„Die Fahrräder, die hier stehen, sind bereits reserviert. Ich kann sie nicht herausgeben – selbst wenn ich wollte.“
Denn unser System ist kein Bauchladen.
Wir sind nicht die Lottofee, die spontan Räder zieht.
Wenn ein Kunde online gebucht hat, gehört das Rad ihm – zumindest für den reservierten Zeitraum.
Wolfgangs Reaktion auf diese Erklärung?
Kein „Ach so, verstehe“.
Kein „Gibt es später noch freie?“
Kein „Danke für die Info“.
Stattdessen:
Bewertung.
Mit dem Vorwurf: „Der Angestellte hatte keine Lust.“
Und dem Nachsatz, der fast schon satirisch klingt:
„Da wir im Urlaub keine Zeit mit langen Erklärungen verschwenden wollten, lassen wir es dabei.“
Tja, lieber Wolfgang –
während wir erklären, dass Räder reserviert sind, schreibst du lieber eine Bewertung darüber, wie es gewirkt hat.
Das ist ungefähr so, als würde man beim Bäcker vor einer bestellten Hochzeitstorte stehen und sagen:
„Ich hätte die jetzt gern. Sie steht doch da.“
– „Die ist reserviert.“
– „Aha. Dann schreiben wir: unfreundlich. Keine Lust. Nie wieder.“
Wir können nichts dafür, dass du nicht lesen wolltest.
Und auch nichts dafür, dass andere Kunden vor dir gebucht haben.
Aber wir können was dafür, dass wir uns nicht jede Stimmung als Serviceversagen anziehen.
„Der günstigste Reifen der Welt – aber bitte Premiumleistung“
Auszug aus der Bewertung:
„Billigste Bauhausqualität […] Nach zwei Monaten platt […] Nie wieder!“
– Fabio Garcia, Local Guide, 32 Rezensionen, 17 Fotos, kein Gespräch
Fabio hatte eine Panne – irgendwo im Nirgendwo, im Rahmen eines ADFC-Notfalls. Kein Termin, keine Vorabwahl, einfach: Fahrrad kaputt – Hilfe benötigt.
Wir kommen, wie man’s von einem Pannenservice erwartet – mit Werkzeug, Auswahl an Ersatzteilen, und dem, was in der mobilen Werkstatt eben mitgeführt wird. Keine Boutiqueausstellung, sondern pragmatische Hilfe.
Fabio bekommt – auf Nachfrage und Entscheidung seinerseits – den günstigsten Reifen, den wir dabei hatten. Kein High-End-Modell, kein Spezialauftrag. Einfach der solide Standard für Notfälle.
Zwei Monate später meldet sich Fabio nicht bei uns, sondern bei Google.
Der Reifen ist platt.
Kein Anruf. Keine Nachfrage. Kein „Hey, habt ihr eine Lösung?“.
Stattdessen: öffentliche Empörung.
Der Reifen sei schlecht. Die Qualität unterirdisch. Und eine andere Werkstatt habe sich „gewundert, wie der so lange halten konnte“.
(Was streng genommen ja eigentlich bedeutet: „Wow, Respekt – immerhin zwei Monate.“)
Aber Moment:
Hätte er bei uns nachgefragt, hätten wir selbstverständlich reagiert.
Denn wenn mal ein Produkt frühzeitig schlappmacht – und das kommt in seltenen Fällen vor – tauschen wir es natürlich aus.
Kulanz, Service, Garantie – alles da.
Aber das setzt halt voraus, dass man sich meldet. Und nicht nur bewertet.
Stattdessen wird in der Bewertung suggeriert, wir hätten ihm einen „Spezialreifen mit Schaum“ als Luxus verkauft, der sich als Baumarktgummi entpuppt habe.
Was tatsächlich passiert ist:
– Kunde wählt bewusst den günstigsten Reifen
– bekommt sofort Hilfe
– fährt zwei Monate
– meldet sich nicht, sondern schreibt eine Abrechnung im Stil eines Verbrauchermagazins
Fabio, wenn du dich bei uns gemeldet hättest, hättest du längst wieder Luft auf dem Reifen – und Frieden im Sattel.
So bleibt nur der fade Beigeschmack von: Kein Gespräch, aber fünf Zeilen Frust.
„Ölige Hände, aber kein Service“ – oder: Wenn man wirklich alles ignoriert, außer das eigene Drama
Auszug aus der Bewertung:
„Ein Mann fragte, ob wir nicht chatten könnten, da er gerade ölige Handy habe… Fazit: Ganz schlechter Kundenservice!“
– C., 10 Rezensionen, 0 Fotos, aber offenbar blitzsaubere Erwartungen
Stellen wir uns folgendes vor:
Zwei Menschen fahren ohne Reservierung zu einem kleinen Fahrradladen. Der Laden ist – laut eigener Aussage – offen. Doch niemand ist zu sehen. Und anstatt mal zu lesen, was am Geschäft steht oder auf der Webseite zu schauen, zücken
sie das Handy.
„Wir haben mehrfach angerufen… keiner ging ran!“
Ach ja? Willkommen im Fahrradservice-Alltag.
Denn was da gerade passiert, während das Telefon klingelt, ist meist Folgendes:
– Ein platter Reifen
– Ein eierndes E-Bike
– Eine Kundin, die fragt, ob sie ihr Lastenrad auch für einen Hund nutzen kann, der 45 Kilo wiegt
– Und ja, manchmal auch einfach: ölige Hände
Und dann ruft jemand an. Und ich, der mit Bremsen, Schraubenschlüssel und Fingerspitzengefühl hantiert, nehme trotzdem ab – und sage genau das:
„Entschuldigen Sie, ich hab gerade ölige Hände, könnten Sie bitte kurz in den Chat schreiben?“
Eine Antwort, die in jedem anderen Kontext als freundlich, ehrlich und hilfreich durchgeht.
Aber nicht für C.
Für C war das offenbar ein Akt der Serviceverweigerung, eine persönliche Beleidigung, ein Zeichen der Apokalypse.
Statt fünf Sekunden im Chat zu tippen, wurde lieber 90 Minuten gewartet, um am Ende zu schreiben: „Ganz schlechter Kundenservice!“
Die Wahrheit?
– Wir geben keine telefonischen Auskünfte, sondern haben einen gut funktionierenden Chat.
– Wir sind nicht immer am Tresen – weil wir draußen, unterwegs oder am Rad schraubend für andere Kunden da sind.
– Und wer nicht reserviert, nicht chattet, nicht liest – hat kein Serviceproblem, sondern ein Informationsproblem.
Und ehrlich gesagt:
Wenn das größte Problem an einem Tag ist, dass der Mensch am anderen Ende der Leitung öliges Werkzeug in der Hand hatte, dann möchte ich C. herzlich einladen, mal selbst einen Bremszug zu tauschen.
Spoiler: Danach weiß man, warum ein Handy lieber sauber bleibt.
„Nur ein Discounterrad!“ – oder: Wenn Empörung besser ausgestattet ist als das Fahrrad
Auszug aus der Bewertung:
„Mein ‚Vergehen‘ war der Versuch, eine deutlich sichtbare Hotline anzurufen […] Es ist leider kein modernes E-Bike für 6000 € eines Markenherstellers.“
– Ralf Prüßing, 6 Rezensionen, 1 Foto, 0 Verständnis
Ralf wollte nur eins: Hilfe. Für sein Fahrrad. Sein treues, robustes, vermutlich klappriges Discounter-Rad – Baujahr „wird schon gehen“.
Er kam also – mit dem Rad und einer ordentlichen Portion Empörung im Gepäck – und stand vor unserem Laden. 15 Minuten nach Öffnungszeit, angeblich ohne Personal in Sicht. Also tat er, was in dieser Situation offenbar
als revolutionärer Akt gilt: Er rief die Telefonnummer an, die am Laden steht.
Tja, und dann – so behauptet er – wurde er mit folgenden Worten begrüßt:
„Sie gehören wohl auch zu denen, die nicht lesen können …“
Hui! Schweres Geschütz! Klingt schlimm, oder?
Aber Moment: Hat er vorher gelesen, dass wir abweichende Öffnungszeiten regelmäßig online und am Geschäft aushängen?
Hat er gelesen, dass wir bei Außeneinsätzen oder Notfällen gerade mal ein paar Meter weiter unterwegs sein könnten – und dass man uns in solchen Fällen bitte über den Chat kontaktieren soll, damit
wir jemanden schicken können?
Hat er gelesen, dass wir telefonisch weder Diagnosen stellen noch Termine vergeben?
Sagen wir’s mal so: Es sieht eher danach aus, als hätte er gelesen, dass er wütend sein möchte – und zwar jetzt.
Und dann kam noch das eigentliche Drama:
Nicht, dass niemand am Laden war. Nicht, dass er warten musste. Nein.
Dass sein Fahrrad kein 6000-Euro-Marken-E-Bike ist.
Zitat: „Mehrere geringschätzige Bemerkungen zu meinem Rad lassen das vermuten.“
Aha!
Also nicht sicher, ob überhaupt jemand was gesagt hat, aber es wurde… gespürt.
Die Felgen der Scham glühten, als er bemerkte, dass sein Fahrrad nicht mit einem Carbonrahmen ausgestattet war. Stattdessen: Baumarkt-Schaltung, gefühlt auf dem Niveau eines Klappstuhls.
Und wir?
Wir dürfen uns jetzt in einer Bewertung wiederfinden, die klingt wie ein innerer Monolog zwischen Minderwertigkeitskomplex und Werkstattpanik.
Ralf, ganz ehrlich:
Wir beurteilen Fahrräder nach Zustand, nicht nach Herkunft.
Was wir allerdings wirklich beurteilen, ist Verhalten.
Und wer direkt in den digitalen Angriffsmodus schaltet, ohne sich zu informieren, ohne unseren Chat zu nutzen und dann sein Fahrrad als Vorwand für schlechte Laune nimmt, muss sich über klare Worte nicht wundern.
Und ob es nun ein Discounterrad war oder ein Bentley auf zwei Rädern – das eigentliche Problem war nicht das Bike. Sondern das Benehmen.
„Von der Ostsee ins Nichts“ – oder: Wenn man alles ignoriert, außer das eigene Drama
Auszug aus der Bewertung:
„Besonders ärgerlich, da wir von der Ostsee ins Alte Land gekommen sind, um dort Fahrrad zu fahren.“
– Heiko Schulz, 3 Rezensionen, 0 Fahrräder, aber viel Entrüstung
Heiko reiste an. Von der Ostsee. Sieben Mann stark, vermutlich mit picknickbereiten Rucksäcken, glänzenden Erwartungen – und null Buchung.
Denn wer braucht schon Online-Reservierungen, wenn man einen vagen Satz am Donnerstag gehört haben will wie: „Das passt schon“?
Die Realität?
Samstag. Nebensaison. Geschlossen. Schild an der Tür: „Feuerwehrfest – heute nicht da.“
Was macht Heiko?
Warten? Chat nutzen? Vielleicht kurz bei der Buchungsseite reinklicken?
Nein.
Er schreibt eine Rezension. Eine, die klingt, als hätte man ihm beim Betreten des Alten Landes das Vorderrad abgenommen und ins Apfelmus getaucht.
Und als wäre das nicht schon theatralisch genug, folgt eine zweite Runde:
„Ich kann Ihre Stellungnahme so nicht stehen lassen!“
Heiko macht jetzt auf Anwalt seiner Reisegruppe. Bringt die Tourist-Info ins Spiel. Zeugen. Videobeweis. Wahrscheinlich sitzt irgendwo ein Verwandter im Auto und schneidet das Ganze für Netflix mit.
Der Vorwurf: Wir seien nicht geöffnet gewesen, obwohl doch am Donnerstag gesagt wurde, dass es passt.
Und weil „das passt“ offenbar als Vertrag verstanden wurde, wittert Heiko Betrug, Missachtung und – natürlich – Servicewüste.
Die Fakten, ganz trocken:
– Samstags in der Nebensaison ist bei uns zu. Punkt.
– Wer nicht bucht, bekommt kein Rad wenn geschlossen ist. Punkt.
– Telefonisch wird bei uns nichts versprochen, nie. Punkt.
– Und Feuerwehrfest ist keine Tarnung, sondern Ehrenamt. Doppelpunkt: Respekt!
Wir verstehen, dass man sich ärgert, wenn etwas nicht klappt.
Aber Heiko, ganz ehrlich:
Wenn man mit sieben Leuten von der Ostsee anreist und alles tut – außer einmal kurz die Buchungsseite aufzurufen, dann hat man keinen Fahrradverleih verdient.
Dann hat man eine Realsatire verdient.
Und die hast du dir jetzt selbst geschrieben.
Inklusive Soundtrack: „Nie wieder! Nie wieder!“ – gesungen von enttäuschten Urlaubern, die keine drei Klicks von ihrem Glück entfernt waren.
„Nur online Termine möglich!“ – oder: Wenn Lesen die Lösung gewesen wäre
Auszug aus der Bewertung:
„Es sind leider nur online Termine möglich! Es können keine vor Ort Termine erfolgen / gemacht werden.“
– Marc Plhal, 2 Rezensionen, 0 Fotos, 0 Lesebereitschaft
Marc war auf einer Mission. Er kam – offenbar spontan – mit dem Wunsch, einen Termin vor Ort auszumachen. Und er scheiterte. Nicht, weil es bei uns nicht geht. Sondern weil er offenbar an einem der häufigsten Hindernisse moderner Kommunikation gescheitert ist: nicht richtig gelesen.
Was Marc nämlich übersah – oder schlicht ignorierte:
Unsere Website ist keine dunkle Zauberhöhle. Sie ist klar, strukturiert, und dort steht auch:
„Kleine Reparaturen? Kommen Sie gerne direkt vorbei.“
„Größere Arbeiten? Bitte online einen Termin buchen.“
Das nennt man… Organisation. Kein Hexenwerk. Kein Geheimcode. Kein „Nur mit Einladung.“
Aber Marc?
Marc verarbeitete seine Enttäuschung lieber öffentlich.
Er schrieb trocken und final: „Es sind nur Online-Termine möglich.“
Eine Behauptung, die ungefähr so richtig ist wie: „Man kann im Restaurant nur essen, wenn man vorher angerufen hat.“
Hätte Marc einfach kurz gefragt – freundlich, direkt, menschlich – hätten wir ihm erklärt:
Ja, spontane Hilfe geht.
Ja, wir kümmern uns auch ohne Termin.
Nein, du musst nicht erst ein Informatikstudium abschließen, um hier Service zu bekommen.
Aber nein – stattdessen entschied er sich für das digitale Urteil, basierend auf einem klassischen Fall von „nicht richtig geguckt, aber laut gemeckert.“
Also lieber Marc:
Nächstes Mal nicht gleich zur Rezension greifen.
Erstmal zur Lesebrille.
„Wir standen da wie Pik Blöd“ – oder: Der Klassiker in der Hauptrolle
Auszug aus der Bewertung:
„Der Mitarbeiter stand vor der Tür und ganz offensichtlich laut privat telefonierte […] Dann: ‚Ja, sorry, ihr seid zu spät. Es ist Mittagspause und wir DÜRFEN dann keine Fahrräder verleihen!’“
– Markus Sambill, 11 Rezensionen, 0 Fotos, aber sehr viel Meinung
Willkommen zu einem Paradebeispiel aus der Kategorie: „Nicht informiert, aber empört.“
Markus hatte um 11:50 Uhr zwei Fahrräder angefragt. Leider steckte er im Stau. Blöd – aber passiert. Nur: Bei uns heißt das nicht „macht nix, wir warten mit Kaffee und Geigenmusik“, sondern: Bitte Buchen oder Reservieren sie Fahrräder rechtzeitig.
Und wenn man zu spät kommt – gibt’s eine Lösung.
Die steht überall: Schlüsselsafe. Rund um die Uhr verfügbar. Buchbar. Verständlich erklärt. Aber Markus hatte davon wohl noch nie gehört – was merkwürdig ist, denn es steht bei uns auf jeder Plattform. Wer lesen
kann, ist bei uns klar im Vorteil.
Markus kam um 12:15 Uhr. Da war Mittagspause – klar angekündigt, mehrfach sichtbar, sogar mit einer vorgelegten Kette als sanftes, aber deutliches Zeichen: Pause. Bitte jetzt nicht.
Und was tat Markus?
Er öffnete die Kette eigenmächtig, trat auf den Hof, sah mich telefonieren – ja, privat, denn auch wir haben ein Leben – und wartete. Ohne vorherige Buchung. Ohne Schlüsselsafe. Ohne Rücksicht.
Als ich ihm sachlich erklärte, dass es jetzt keine Fahrradübergabe gibt, weil wir nicht verleihen während der Pause, ging die Show los.
Markus fühlte sich ignoriert, beleidigt, wahrscheinlich auch verfolgt vom Karma der Dienstleistungsbranche. Er schimpfte, er bewertete, er drohte – sogar mit „Werbung gegen uns“. Ein Drama in mehreren Akten.
Und dann das Beste:
Er schrieb, wir hätten ihm telefonisch etwas versprochen.
Fun Fact:
Wir versprechen niemandem irgendetwas am Telefon!
Bei uns wird gebucht – oder eben nicht. Wer sich nicht informiert, keine Reservierung vornimmt und dann zu spät kommt, hat keinen Anspruch. Punkt.
Was bleibt von Markus?
Ein großes Wort namens „Servicewüste“, ein noch größeres Missverständnis – und ein digitales Donnerwetter, das sich vermeiden ließe, wenn man einfach mal zwei Minuten vorher die Website liest.
„Unzuverlässigkeit 100 Punkte“ – oder: Wenn der Chat zu viel verlangt ist
Auszug aus der Bewertung:
„Nie wieder. Unzuverlässigkeit 100 Punkte.“
– Anne Bauch, 4 Rezensionen, 0 Fotos, 0 Chatnachricht
Anne wollte ein E-Bike. Am Tag vorher hatte sie sich das auch bestätigen lassen – mit einem freundlichen Gespräch, einem Blick aufs Schild am Laden und der Info: „Wenn mal keiner da ist, einfach kurz den Chat benutzen – wir regeln das.“
Klingt einfach? Ist es auch. Nur nicht für Anne.
Denn am nächsten Morgen stand sie tatsächlich da – pünktlich, erwartungsvoll, bereit zu radeln – aber: Niemand da. Und obwohl sie am Vortag das Schild gelesen hatte (steht da in Großbuchstaben) und von mir freundlich auf genau diesen Fall hingewiesen wurde, blieb der Chat stumm. Keine Nachricht, kein Ping, kein „Hallo, wir stehen hier.“
Warum?
Weil Anne lieber erst mal versuchte, telefonisch jemanden zu erreichen. Und tatsächlich – irgendwann ging ich ran.
Ich erklärte sachlich – wenn auch etwas außer Atem – dass ich mich gerade am Ende eines Übungseinsatzes der Freiwilligen Feuerwehr befinde und nicht genau sagen kann, wann ich wieder im Laden bin.
Die Antwort darauf: eine Mischung aus Enttäuschung und empörter Erwartungshaltung.
Die Lösung? Stand 50 Meter entfernt – in Form einer Aushilfe, die per Chat ganz einfach erreichbar gewesen wäre.
Doch stattdessen kam:
Eine Rezension.
Mit allem, was das Drama braucht:
– persönliche Enttäuschung
– Generalverurteilung
– der Hinweis auf „Bekannte, denen es auch schon so ging“
– und die absolute Vernichtungsformel: „Nie wieder. 100 Punkte Unzuverlässigkeit.“
Was ich dazu sage?
Vielleicht war es wirklich zu viel verlangt, einfach den Chat zu benutzen. Vielleicht wollte Anne einfach ein bisschen Dampf ablassen.
Vielleicht ging’s nie ums Fahrrad – sondern um den olympischen Wettbewerb der Entrüstung.
Und ganz vielleicht – nur ganz vielleicht – hätte man mit einer einzigen kurzen Nachricht all das vermeiden können.
Aber was soll’s.
Ich war an dem Morgen nicht in der Werkstatt. Ich war im Einsatz – für die Gemeinschaft.
Nicht unzuverlässig. Nur beschäftigt mit etwas, das größer ist als ein Fahrrad: Verantwortung.
„Sehr unfreundlich“ – oder: Wenn der Ton die Musik versaut
Auszug aus der Bewertung:
„Sehr unfreundlich.“
– S W F, 6 Rezensionen, 0 Fotos, 0 Kontext
Manche Bewertungen sind wie ein schlechter Songtext: kurz, leer – und trotzdem irgendwie unangenehm. S W F hat ganze zwei Wörter gefunden, um seine gesamte Erfahrung mit unserem Geschäft zu beschreiben: „Sehr unfreundlich.“
Kein Hallo, kein Tschüss, kein „Ich hatte eine Frage zu…“ oder „Mir wurde dies oder das gesagt“ – einfach nur zwei Worte und fertig. Fast schon poetisch, wenn es nicht so durchschaubar wäre.
Was wirklich passiert ist?
Nun, Herr Lausbube (ja, wir wissen natürlich, wer es war und haben den Namen geändert), hatte eine Begegnung mit unserem Team, die weniger mit Servicequalität und mehr mit Sozialverhalten zu tun hatte. Denn: Wenn man ungefragt in ein Gespräch platzt, in forderndem Ton alles sofort haben will, keine Buchung gemacht hat, keinen Anstand mitbringt – und dann erwartet, dass wir uns dennoch verbeugen, dann liegt das
Problem nicht bei unserem Umgangston. Sondern im Spiegel.
Wir waren freundlich. So wie immer. Bis zu dem Moment, wo wir merken mussten: Hier redet niemand mit uns – hier wird diktiert. Und da ziehen wir eine klare Linie.
Denn Kundenservice heißt nicht: „Ertrage alles“.
Es heißt: „Gib dein Bestes – aber verliere nicht deine Würde.“
Und deshalb: Ja, vielleicht war es für S W F ungewohnt, dass man ihm nicht nach dem Mund redet. Dass man ihm freundlich sagt, dass Respekt auf Gegenseitigkeit beruht. Und dass man sich, wenn das nicht klappt, eben nicht mehr unterhalten muss.
Unfreundlich? Nein.
Grenzen setzend. Klar. Und menschlich.
„Wird man einfach blöd stehen gelassen“ – oder: Wenn Kunden keinen Moment still stehen können
Auszug aus der Bewertung:
„Mitarbeiter zieht es vor mit Freunden zu quatschen. Man wird als Kunde gerne mal blöd stehen gelassen…“
– Elf Nevs, 1 Rezension, 0 Fotos, 100 % Empörung
Es war einer dieser Tage, an denen alles eigentlich rund läuft. Zwei Stammkunden stehen vor mir, wir sprechen über Leasing, Rahmengrößen, Schaltgruppen – echte Beratung mit Inhalt. Und ja, ich kenne die beiden persönlich. Das nennt man im Dorf übrigens Kundenbindung, nicht Kumpelgequatsche. Aber gut.
Während ich also mitten in der Präsentation von zwei edlen KTM-Leasingrädern bin – wirklich schöne Stücke, da bleibt man auch als Händler kurz stehen und streichelt übers Oberrohr – höre ich von der Seite ein „Entschuldigung, können Sie mal kurz…?“
Ich blicke zur Seite, nicke freundlich und sage sinngemäß: „Einen kleinen Moment bitte, ich bin gleich bei Ihnen.“
Doch dieser Moment kam Elf Nevs offenbar wie eine Ewigkeit vor. Vielleicht tickt seine Uhr anders. Vielleicht dachte er, ich rede gerade über Fußball oder Grillrezepte. Vielleicht war er einfach ungeduldig. In jedem Fall entschied er sich, lieber zu gehen – und ein paar Tage später zu bewerten.
Was stand drin?
Dass ich lieber mit „Freunden quatsche“. Dass er blöd stehen gelassen wurde. Und dass ich „sofort laut und patzig“ geworden sei.
Spoiler: Ich wurde weder laut noch patzig. Ich wurde nicht mal unfreundlich. Ich habe schlicht gewagt, einen Kunden nicht sofort zu unterbrechen, nur um einem Fremden in die Speichen zu springen.
Und dann der Nachsatz, mein Favorit:
„Hatte von der Unfreundlichkeit bereits vorher von Bekannten gehört […] Jetzt selber erfahren müssen.“
Ah ja. Also jemand kommt mit einer vorgefassten Meinung, wird nicht in unter 12 Sekunden bedient – und fühlt sich sofort bestätigt. Das ist wie zum Italiener gehen, weil dir jemand gesagt hat, der sei schlecht – und dann zu bewerten: „Hab nicht mal gegessen. Sah schon so aus, als würde es mir nicht schmecken.“
Die Wahrheit ist: Ich hätte mir auch für Herrn Nevs Zeit genommen. Kostenlos. Gründlich. Genau wie für jeden anderen. Wenn man mich nur lässt.
Aber ich berate keine Menschen, die mit dem Rücken zur Tür schon in der Bewertung schreiben.
„Hat mir nicht gefallen“ – oder: Der Mann, der einfach mal schlecht fand
Auszug aus der Bewertung:
„Sehr unfreundlich. Hat mir nicht gefallen…“
– Sven F., 3 Rezensionen, 0 Fotos, 100 % Unklarheit
Was genau Sven an seinem Besuch nicht gefallen hat, bleibt ein ewiges Rätsel. War es der Kies auf dem Hof? Die Farbe der Tür? Dass ich ihn nicht mit Fanfaren und rotem Teppich empfangen habe? Wir wissen es nicht. Sven war da – irgendwie – und dann war er wieder weg. Zurück blieb: eine Bewertung. Kurz, knapp, nichtssagend. Man kennt das sonst nur von Leuten, die bei Amazon einen Gartenzwerg kaufen und dann schreiben: „Zu klein.“
Aber schauen wir uns mal an, was möglicherweise geschehen ist. Denn wir haben da so eine Vermutung – basierend auf wahren Begebenheiten:
Sven trat zur Tür herein, während ich gerade in einem laufenden Gespräch mit einem Kunden war. Freundlich, wie man es von uns kennt, schaute ich kurz auf, lächelte und fragte: „Hallo! Geht’s um eine Frage zum Weg oder zu den öffentlichen Toiletten?“ – Die Standardfrage für Eilige. Sven schüttelte den Kopf und sagte: „Nein.“ Also bat ich um einen Moment Geduld, um das Gespräch zu Ende zu bringen. Zwei Minuten. Vielleicht drei. Dann drehte sich Sven um – und verschwand.
Ein paar Tage später stand sie da – die Rezension mit dem Charme eines abgebrochenen Gesprächs: „Sehr unfreundlich. Hat mir nicht gefallen.“
Es könnte auch etwas anderes gewesen sein – vielleicht hatte Sven keine Lust, ein Buchungssystem zu benutzen, das sogar Rentnerinnen mit Lächeln bedienen. Vielleicht wollte er spontan etwas leihen, ohne sich zu informieren, oder fand es respektlos, dass wir gerade einen Kunden bedient hatten (ja, hatten wir wirklich).
Was auch immer es war: Die Bewertung bleibt so schwammig wie ein nasser Schwamm. Keine Erklärung, keine konstruktive Kritik – einfach nur schlechte Laune in Textform.
Und genau das ist der Punkt:
Sven steht sinnbildlich für viele dieser Bewertungen. Menschen, die nichts kaufen, nichts buchen, nichts sagen – aber sich öffentlich äußern, als wären sie Opfer eines Verbrechens geworden, weil sie in einem Laden nicht innerhalb
von zehn Sekunden betreut wurden, wie sie es sich vorgestellt haben.
Was uns wirklich nicht gefällt?
Dass Menschen wie Sven mit ein paar Wörtern all das in Frage stellen, was wir sechs Tage die Woche mit Leidenschaft tun.
„Ein Besen, drei Räder und ein Shitstorm“ – oder: Die Apokalypse beginnt bei Google
Auszug aus der Bewertung:
„Ich bin schockiert über das unprofessionelle Verhalten des Mitarbeiters. […] Zumal der Mitarbeiter mit einem Besen hantierte und außer uns keine Kunden hatte.“
– Peggy, Local Guide, 48 Rezensionen, 33 Fotos – und kein Fahrrad
Es war ein ganz normaler Tag im Alten Land. Der Apfelduft lag in der Luft, der Hof war sauber, das System funktionierte – fast schon unheimlich reibungslos. Ich stand mit einem Besen in der Hand vor der Tür, die Sonne schien auf meine kehrenden Bewegungen wie in einem Heimatfilm.
Da kamen sie: Zwei Menschen, scheinbar auf der Suche nach drei Fahrrädern und einem Grund zur Aufregung. Denn dass ich da stand – mit Besen in der Hand und einem gepflegten Eingangsbereich – war offenbar schon der erste große Skandal. Es war etwa 16 Uhr, der letzte Durchlauf vor Feierabend, und ich fegte kurz den Hof. Kein Kunde weit und breit? Falsch. Der letzte Kunde war gerade fünf Minuten vorher gegangen – ebenfalls freundlich, zufrieden und mit einem geliehenen Rad. Nur eben keiner, der 48 Rezensionen schreiben muss, um Dampf abzulassen.
Peggy und ihre Begleitung wollten spontan drei Fahrräder leihen. Ich erklärte ruhig und gelassen – wie wir es auf Website, Google, Türschild, Aushang, Handzettel, Rauchzeichen und vermutlich sogar im Apfelsaft-Etikett formulieren – dass unsere Buchung ausschließlich online erfolgt. Warum? Weil das System funktioniert. Und weil wir in der Zeit, in der sich andere im „Spontanverleih“ verlieren, Räder reparieren, flottmachen oder Menschen helfen, die sich vorher informiert haben.
Doch Peggy fand das nicht hilfreich. Sie fand es „frech“. Vor allem, weil ich ihr – auf ihren Wunsch, das Formular sei „so umständlich“ – den ganz praktischen Hinweis gab, einfach von unten nach oben auszufüllen. Ein Tipp, den mir übrigens eine 93-jährige Stammkundin mal gegeben hat. „Das klappt besser“, sagte sie – und behielt recht.
Was bei der älteren Dame für Heiterkeit sorgte, verwandelte sich bei Peggy in ein Drama. Ein „herablassender Kommentar“, „Arroganz“, und ein „nicht akzeptables Verhalten“. Und dann kam die Wetteransage: Ich erwähnte freundlich, dass laut Wetterbericht gegen Abend Regen angekündigt sei – man könne also überlegen, ob man nicht lieber morgen starten möchte.
In Peggys Version wurde daraus eine Art Beleidigung, ein Versuch der Entmutigung, ein feuchter Akt der Respektlosigkeit. Dabei regnete es am Ende wirklich. Um 16:10 Uhr: Platzregen. Ich hätte wetten sollen.
Stattdessen bekam ich eine Google-Rezension, die länger war als ein Reparaturhandbuch für ein E-Lastenrad. Und das alles, weil jemand keinen Besen, kein System und keinen gut gemeinten Ratschlag vertragen konnte.
Tja. Was soll man sagen?
Der Besen war freundlich. Ich auch. Nur das Internet leider nicht.
„Sehr enttäuschender Kundenumgang“ – oder: Zwei Damen, ein Feiertag und null Verständnis
Auszug aus der Bewertung:
„Uns war natürlich klar, dass es dann erst mal keine Ausleihe mehr gibt […] aber was uns wirklich sprachlos machte, war die extrem unfreundliche Art.“
– Wiebke Haack, 1 Rezension – 0 Fahrräder
Pfingstmontag. Die Sonne knallt, die Apfelbäume duften, mein Kopf zählt rückwärts: Noch zehn Minuten bis zur Mittagspause. Ich bin seit morgens auf den Beinen, seit 11:30 Uhr kümmere ich mich gerade intensiv um einen freundlichen Kunden, der sich – wie echte Menschen das tun – vorab informiert hat, online gebucht hat, pünktlich erschienen ist und sogar bitte und danke sagt. Man soll’s kaum glauben, sowas gibt’s wirklich!
Und dann – 12:15 Uhr – öffnen sich die Pforten der Empörung. Zwei Damen betreten das Gelände mit dem Charme einer Steuerprüfung und dem Timing eines schlechten Witzes. Sie wissen offenbar ganz genau, dass gerade Pause ist, sie „hätten das auch akzeptiert“ (Zitat aus ihrer späteren Google-Rezension), aber: Statt einfach wieder zu gehen oder freundlich zu fragen, warum denn keiner springt, kommt ein Tonfall ins Spiel, der mich spontan an RTL2-Dokus über schwierige Nachbarn erinnert.
Ich erkläre, wie immer, dass gerade Mittagspause ist – das steht übrigens draußen am Laden, auf der Website, bei Google, auf Flyern und wahrscheinlich inzwischen sogar auf Satellitenbildern.
Doch meine Erklärung wird nicht etwa mit einem „Ach so, kein Problem“ quittiert – nein, die Damen reagieren, als hätte ich ihnen den letzten Sitzplatz auf der Arche Noah gestrichen.
Der Ton? Abwertend. Die Haltung? Herablassend. Die Reaktion? Eskalationsbereit.
Der freundliche Kunde, den ich von 11:30 bis 12:30 bediene – gut sichtbar und belegbar auf unserer Videoüberwachung – schaut ungläubig zwischen mir und dem lebenden Pfefferspray hin und her. Am liebsten hätte er Popcorn geholt.
Ich beende das Ganze mit einem klaren „So nicht“, bitte die Damen höflich vom Hof und mache eine Notiz für mich: Nächstes Jahr an Pfingsten doppelt so lange Mittagspause.
24 Stunden später dann – die Rezension. Natürlich nicht von der freundlichen Kundin. Sondern von Wiebke, die „sprachlos“ war – zumindest für den Moment. Auf Google war die Stimme dann schnell wieder da. Da werden Sekunden zur Weltverschwörung, und der Hinweis auf die Öffnungszeiten zur Majestätsbeleidigung.
Aber wir haben ja Video. Und Augen. Und Ohren. Und genug Würde, um uns nicht für ein paar Sterne zu verbiegen.